Tote Lachen Länger

Tote Lachen Länger

Eine Schwarze Komödie

(translation Theta Theatre)

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TLL

 

 

 

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FULL TEXT OF THE PLAY

1 – Herzliches Beileid

Zwei – Entschuldigung, ich suche das Grab von Polnareff…

Eins – Ist der tot ?

Zwei – Mein Fehler… Ich meinte natürlich Gainsbourg..

Eins – Am Ende der Allee links… Sie können es nicht verfehlen… Da liegen überall Kippen rum…

Zwei – Friedhöfe sind schon etwas Komisches, wenn man es sich genauer überlegt.

Eins Ja…

Zwei – Sind die Toten etwa radioaktiv, oder warum vergräbt man sie jahrhundertelang eingeschlossen zwischen Mauern wie Atommüll ? Ich bin ja für die Einäscherung, und Sie ?

Eins – Wie bitte ?

Zwei – Kannten sie ihn ?

Eins – Er war mein Geliebter…

Zwei – Verzeihung, das tut mir leid…

Eins – Oh, nicht nötig… Er war ein Scheißkerl…

Zwei – Ach, sagen Sie doch nicht so etwas…

Zwei – Also deswegen kommen Sie erst jetzt, nach der Beerdigungsfeier… um seine Ehefrau nicht zu treffen…

Eins – Ja…

Zwei Sie haben ihn aber nicht umgebracht, oder ?

Eins – Natürlich nicht…! Er wurde von einer Straßenbahn überfahren… Er kam aus meiner Tür, um mein Feuerzeug zu holen, das ich in meinem Auto vergessen hatte… Und beim Überqueren der Straße…. Die Straßenbahnlinie war einen Tag zuvor eingeweiht worden. Das hatte er vergessen…

Zwei – Das ist das Problem mit den Straßenbahnen. Sie sind vielleicht umweltfreundlich, aber da sie elektrisch sind, hört man sie nicht kommen…

Eins – Haben sie Feuer…? Ich habe ja jetzt kein Feuerzeug mehr…

Zwei – Natürlich.

Eins – Ist das hier nicht verboten ?

Zwei –Der Friedhof ist der letzte Ort, an dem das Rauchen noch erlaubt ist. Und wenn dies ein Nichtraucher-Friedhof wäre, dann hätten Sie Gainsbourg sicher nicht hier begraben…

Eins – So hat seine Frau von unserer Affäre erfahren… Er erzählte ihr, er würde seine Großmutter im Altersheim besuchen. Die Oma erinnert sich nie an etwas, das war praktisch. Aber dann wurde er vor meinem Haus von der Straßenbahn überfahren… Seine Frau hat sicher etwas geahnt…

Zwei – Klar… Zu erfahren, dass man Witwe ist und noch dazu betrogen wurde…

Eins – Seitdem gehe ich zu Fuß…

Zwei – Wie bitte…?

Eins – Sie hat ihren Mann mit meinem Schlüssel beerdigt! Sicher um sich zu rächen…

Zwei – Ihrem Schlüssel ?

Eins – Der Schlüssel von meinem Auto ! Ich hatte ihn ihm gegeben… damit er mir das Feuerzeug holt…

Zwei – Ah, Ja, natürlich…

Eins – Ich war bei der Aufbahrung, und da lugte der Schlüssel aus seiner Tasche… Aber es waren so viele Leute da… ich konnte nichts machen… Jetzt weiß ich nicht, wie ich ihn wieder bekommen soll…

Zwei Haben sie keinen Ersatzschlüssel…?

Eins – Doch. Mein Mann…

Zwei – Sie brauchen ihm ja bloß zu erzählen, sie hätten ihren verloren…

Eins – Wir leben getrennt… Dieser Mistkerl hatte ihm von uns erzählt… Unwahrscheinlich, dass mir mein Ex-Mann unter diesen Umständen den Ersatzschlüssel gibt…

Zwei – Ich verstehe…

Eins – Es wird bald dunkel… Hätten Sie vielleicht eine Schaufel?

Zwei – Machen Sie Witze?

Eins – Sie haben also keine Schaufel… Haben Sie ein Auto?

Zwei – Soll ich Sie mitnehmen?

Eins – Gerne. In welche Richtung müssen Sie?

Zwei – La Butte aux Cailles.

Eins – Das ist ja lustig, da hat mein Liebhaber gewohnt.

Zwei – Ich weiß… Ich bin seine Frau…

Eins – Ach so… Das hab ich mir schon fast gedacht, als ich das Feuerzeug gesehen habe…

Zwei – Ah, Ja, entschuldigen Sie… Ich gebe es Ihnen natürlich wieder zurück… Ich wusste nicht, dass es Ihnen gehört… Ich war auch verwundert es bei ihm zu finden als sie ihn mir zurück gebracht haben. Mein Mann raucht ja nicht – ich meine – hat – nicht geraucht…

Eins – Danke. Kein Kratzer… Ein Wunder…

Zwei – Mein Mann hingegen…

Eins- Ich hänge sehr daran…Er hatte es mir geschenkt…

Zwei – Aber wegen Ihrem Schlüssel… Das tut mir wirklich leid… Ich schwöre Ihnen, dass ich von nichts wusste… Ich habe nicht daran gedacht, seine Taschen zu durchsuchen…

Eins –Ich glaube Ihnen… Sie scheinen eine anständige Frau zu sein…

Eins – Wollten Sie nicht das Grab von Gainsbourg suchen? Deshalb bin ich nicht misstrauisch geworden… Wollten Sie mir auflauern?

Zwei – Überhaupt nicht… Während der Trauerfeier hatte ich keine Zeit, zu schlendern… Ich dachte mir später wieder zu kommen und ein bisschen Touri zu spielen… Aber das macht nichts, beim nächsten Mal dann… Ich habe mich immer gefragt, wohin die Toten kommen, wenn die Friedhöfe voll sind…?

Eins – Man vergisst sie… Abgesehen von ein paar Stars… Das muss Unsterblichkeit sein.

Eins – Das ist wirklich ein schöner Ort…

Zwei – Er wollte unbedingt hier beerdigt werden…

Eins – Das ist bestimmt ganz schön teuer, oder ? Für Promis…

Zwei – Das können Sie laut sagen… Das war sein Promi-Gehabe…

Zwei – Sie haben recht, er war wirklich ein Scheißkerl…

Eins – Ach, sagen Sie das nicht…

2 – Dead line

Eins Also, nach all den Informationen, die Sie uns gegeben haben, wäre es am 27. Dezember soweit… Am Abend.

Zwei – Ah…

Eins – Ist das ein Problem für Sie ? Falls ich mich nicht irre wären Sie dann 76 Jahre und drei Monate alt. Das ist natürlich noch ein bisschen jung, aber bei Ihrem Lebenswandel und Ihrer ziemlich baufälligen Wohnsituation… Glauben Sie mir, Sie konnten kaum auf etwas Besseres hoffen…

Zwei – Ja, natürlich, aber… der 27. Dezember liegt genau zwischen den Feiertagen, das kommt mir gar nicht gelegen. Meine Frau und ich, wir haben eine Chocolaterie. In der Zeit machen wir die Hälfte unseres Jahresumsatzes.

Zwei – Und wenn ich mit dem Rauchen aufhöre…?

Eins – Also dann… Schauen wir mal…Nichtraucher… Sie wollen immer noch nicht umziehen?

Zwei – Wir wohnen direkt neben dem Laden… und bei DEN Immobilienpreisen…

Eins – Gut… Dann wären wir also beim 29. Februar 2044… Ein Schaltjahr…

Zwei – Mmmm…

Eins – Sie gewinnen beinahe drei Jahre.

Zwei – Lohnt sich das wirklich…

Eins – Ah, das müssen SIE wissen.

Zwei – Und wenn ich das Feierabendbier weglassen würde…?

Eins – Man muss sich auch mal was gönnen…

Zwei – Sie haben recht… Man kann sich nicht alles verbieten…Und meine Frau…?

Eins – Oh, das, wissen Sie, das hat kaum Auswirkungen. Das ist sogar eher gut fürs Herz und die Prostata…

Zwei – Nein, ich meine, meine Frau, äh… Wann ist sie dran…?

Eins – Ah… ‘tschuldigung… aber… das ist streng vertraulich…

Zwei – Aber… vor oder nach mir…?

Eins – Selbst wenn ich es wüsste, könnte ich es Ihnen nicht sagen…wirklich…

Zwei – Mmmm… Sie raucht nicht…

Eins – Oh, wissen Sie, manchmal muss das nichts heißen… Und dann muss man ja auch das Passivrauchen bedenken…

Zwei – Sie zwingt mich, auf dem Balkon zu rauchen…

Eins – Sie könnte auch einen Unfall haben… Fährt Sie oft Auto ?

Zwei – Sie hat keinen Führerschein…

Eins – Auch Fußgänger können überfahren werden, wissen Sie… und dann gibt es auch zu Hause Unfälle… eine Gasexplosion… ein Treppensturz…

Zwei – Ein Föhn, der in die Badewanne fällt…

Eins – Liegt es Ihnen denn so sehr am Herzen, dass Ihre Frau vor Ihnen geht ? Sie wollen ihr das Leid ersparen, Sie zu überleben – ist es das…?

Zwei – Das ist es nicht… Es geht um die Familiengruft… Seit dem Tod meiner Mutter ist nur noch ein Platz übrig…

Eins – Und…?

Zwei – Naja… Ich hatte ein schlechtes Verhältnis zu meiner Mutter.. Mir liegt so gar nichts daran… Verstehen Sie…? Also wenn meine Frau zuerst stirbt, wäre das Problem gelöst… Sie würde den letzten Platz kriegen und ich könnte mich woanders einrichten…ohne dass daraus eine Staatsaffäre wird…

Eins – Ich verstehe…

Zwei – Und wenn ich etwas Sport treiben würde…?

Eins – Wenn es kein zu gefährlicher Sport ist… An was dachten Sie denn ?

Zwei – Ich weiß nicht… das Boulespiel…

Eins – Sie können sich nicht vorstellen, wie viel Schädelbrüche man jährlich bei den Boulespielern verzeichnet…

Zwei – Gut. Was soll’s… nehmen wir den 27. Dezember 41…

Zwei – Ach ja, ich hatte ganz vergessen, zu fragen… an was sterbe ich denn eigentlich…? Lungenkrebs ?

Eins – Ah, ja,stimmt, tut mir leid, habe ich vollkommen vergessen..Gut, dass Sie mich daran erinnern…

Eins – Ich habe Sie ja davor gewarnt: Ihre Bude ist baufällig…

Eins – Der Balkon.. Ein Einsturz.. Letztendlich wäre es wohl doch besser, mit dem Rauchen aufzuhören…

3 – Faux départ

Frau 1 : Ja…? Ah, du bist es… Ja, ja, ich bin gerade im Leichenschauhaus. Ja stimmt schon, ich habe ihn seit ein paar Jahren nicht mehr gesehen. Aber es ist trotzdem ein Schock. Ich wollte ihn wenigstens ein letztes Mal sehen.

Frau 1: Sorry, ich muss auflegen. Meine Schwester ist jetzt da. Ich rufe dich später nochmal an ok ? Danke für deinen Anruf…

Frau 2: – Zum Glück hast du mir Bescheid gesagt. Ich habe noch nicht einmal eine Benachrichtigung erhalten. Ist er dort?

Frau 1: – Ja.

Frau 2 : Hast du ihn schon gesehen ?

Frau 1 : Ja.

Frau 2 : Ich habe ihn bestimmt seit 10 Jahren nicht gesehen. Er hat sich sicher verändert oder ?

Frau 1 : Er ist tot.

Frau 2 : Ja… Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich ihn wirklich sehen möchte. Ich habe noch nie einen Toten gesehen. Vielleicht ist es besser, wenn ich ihn so in Erinnerung behalte, wie ich ihn zuletzt gesehen habe. So voller Lebensfreude.

Frau 1 : Na los, tu es für ihn. Ich bin mir sicher, dass er sich gefreut hätte, dich noch ein letztes Mal zu sehen.

Frau 2 : Na gut.

Frau 1 : Und…?

Frau 2 : Du meintest doch die rechte Tür oder ?

Frau 1 : Ja, warum ?

Frau 2 : Das ist er nicht.

Frau 1 : Du hast ihn seit 10 Jahren nicht mehr gesehen, er hat sich sicher verändert.

Frau 2 : Er hat ja wohl nicht sein Geschlecht geändert… In dem Sarg liegt eine Frau.

Frau 1 : Bist du sicher ?

Frau 2 : Eine Frau, die ihm nicht im geringsten ähnlich sieht. Hast du das gar nicht bemerkt ?

Frau 1 : Ich war so durcheinander heute Morgen. Mir sind meine Kontaktlinsen ins Waschbecken gefallen. Dann wird es wohl die linke Tür sein, es gibt zwei Kammern. Ich schau mal nach.

Frau 2 : Ich glaube, es ist besser wenn ich gehe.

Frau 1 : Und ?

Frau 2 : Das ist er auch nicht.

Frau 1 : Bist du sicher ?

Frau 2 : Es sei denn, er hat uns sein ganzes Leben lang verheimlicht, dass er schwarz ist… Zeig mal die Anzeige. Du hast dich vielleicht in der Adresse geirrt. Leichenschauhäuser gibt es doch wie Sand am Meer…

Frau 1 : Oh mein Gott… Ich war so schockiert, als ich von seinem Tod hörte. Und jetzt können wir noch nicht einmal an seiner Beerdigung teilnehmen.

Frau 2 : Mhhh… Doch, es findet schon hier statt, das verstehe ich nicht. Überbringen Ihnen die traurige Nachricht, dass Herr… Aber das ist doch gar nicht sein Name !

Frau 1 : Das gibts doch gar nicht ! Zeig her…

Frau 1 : Scheiße, das ist der Name meiner Nachbarn. Das passiert mindestens einmal im Monat, dass der Briefträger unsere Briefkästen vertauscht. Und der Unterschied zwischen Martinez und Ramirez… Naja, da habe ich nicht drauf geachtet.

Frau 2 : Also ist er nicht tot…

Frau 1 : Es tut mir so Leid…

Frau 1 : Was machen wir jetzt mit dem Gesteck ?

Frau 2 : Ich glaube nicht, dass die das zurücknehmen. Stell dir doch mal vor, Blumenläden würden nach der Beerdigung die Blumen immer zurücknehmen… Dann lassen wir es eben hier für den verstorbenen Angehörigen deiner Nachbarn.

Frau 1 : Die scheinen ihn ja eh nicht besonders gemocht zu haben. Sie sind nicht mal erschienen.

Frau 2 : Das ist ja auch logisch, du hast die Todes-Benachrichtigung…

Frau 1 : Scheiße stimmt ja. Wie soll ich ihnen das nur beibringen…

Frau 2 : Ja, ich glaube da wird wohl sehr viel Taktgefühl nötig sein.

Frau 1 : Naja, die gute Nachricht ist doch, dass er nicht tot ist… Ich habe doch schon fast um ihn getrauert.

Frau 2 : Na dann hast du es jetzt wenigstens hinter dir ?

Frau 1 : Oh mein Gott…

Frau 2 : Wirst du ihn jetzt mal besuchen ?

Frau 1 : Wen ?

Frau 2 : Na ihn !

Frau 1 : Warum sollte ich ihn besuchen?

Frau 2 : Ich weiß nicht. Du wolltest dich doch unbedingt nochmal von ihm verabschieden. Und so könntest du ihn ja sogar lebend wiedersehen…

4 – Verhör

Eins – Du wirst reden, glaub mir. Ich hab schon ganz Andere zum Reden gebracht, das garantiere ich Dir.

Zwei – Ich sage Ihnen, ich bin unschuldig.

Eins – Ja klar, das sagen sie alle. Also noch mal von vorne. Name, Vorname, Alter, Beruf…

Zwei – Sanchez Pamela, 33 Jahre, Krankenschwester…

Eins – Und wo warst Du Mittwoch Abend gegen Mitternacht ?

Zwei – In meinem Bett, Ich hab geschlafen.

Eins – Alleine ?

Zwei – Nein, mit meinem Mann.

Eins – Und natürlich wirst Du mir weismachen wollen, dass er auch schlief…

Zwei – Ja schon, um Mitternacht. Wir müssen beide morgens früh raus.

Eins – Du könntest ein bisschen mehr Fantasie haben….

Zwei – Ich habe Ihnen nichts zu sagen, wie ich schon sagte.

Eins – Ja genau…aber glaub mir, du wirst es mir trotzdem sagen.

Zwei – Was? Dass ich Ihnen nichts zu sagen habe? Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt.

Eins – Verkauf mich nicht für dumm! Bei diesem Spiel kannst du nicht gewinnen

Zwei – Ja klar…

Eins – Setz dich, Sanchez !

Eins – Und pass gut auf oder ich häng Dir auch noch was wegen Amtsbeleidigung an.

Zwei – Wenn man nicht mal mehr lachen darf…

Eins – Also ? Wo warst Du Dienstag Abend ?

Zwei – Hatten wir nicht Mittwoch gesagt ?

Eins – Ja, naja, Dienstag, Mittwoch, scheißegal. Wo warst du?

Zwei – Ich erinnere mich nicht mehr.

Eins – Wie – Du erinnerst Dich nicht mehr daran? Du hast mir doch gerade noch gesagt, Du wärst mit Deinem Mann im Bett gewesen.

Zwei – Nein, das war Mittwoch, aber an Dienstag kann ich mich nicht mehr erinnern.

Eins – Verdammt nochmal, nun pack endlich aus !

Eins – Oh, Scheiße..

Zwei – Was ist passiert…?

Eins – Kümmer dich um Deinen eigenen Scheiß. Oh, verdammt…

Zwei – Tut’s weh…?

Eins – Ich hab mir meine Hand zertrümmert…

Zwei – Zeig her.

Eins – Was verstehst Du denn davon ?

Zwei – Ich bin Krankenschwester… Du hast es mich mindestens zehn mal wiederholen lassen.

Zwei – Alles ok, nichts gebrochen.

Eins – Warum tut es dann so saumäßig weh ?

Zwei – Du musstest ja nicht so stark draufhauen. So was Verrücktes, du hast sogar den Tisch erwischt. Du hättest mir beinahe Angst gemacht. Ich dachte, Du würdest mir eine reinhauen.

Eins – ‘Tschuldige, ich hab mich ein bisschen zu sehr hineingesteigert.

Zwei – Was für ein Schrott, diese Verhör-Übungen. Wir machen den Job doch nicht, um verprügelt zu werden, verdammt!

Eins – Hm, das nächste Mal spielst Du den Bullen. Dann siehst Du mal, ob das lustiger ist als den Verdächtigen zu spielen…

Zwei – Na, machen wir ‘ne kleine Pause ? Wir haben schließlich Zeit…

Eins – Ok.

Zwei – Nee, danke, ich hab letzte Woche aufgehört.

Zwei- Sag mal, ich will ja nicht den Oberlehrer raushängen lassen, aber Du weißt schon, dass das jetzt verboten ist…

Eins – Was ?

Zwei – Na, ähm… Wir sind hier schließlich an einem öffentlichen Ort!

Eins – Oh Mann, nee wirklich, warum hab ich mich nur für diesen Scheißberuf entschieden… Also jetzt darf der Bulle dem Verdächtigen nicht mal mehr eine Zigarette beim Verhör anbieten?

Zwei – Er könnte Dir einen Prozess anhängen… Du schaust zu viel Fernsehen…

Eins – Gut, dann können wir ja gleich weitermachen.

Zwei – Ok. Spielst Du den Verdächtigen ?

Eins – Ok.

Eins – Hey, wird’s bald? Ich schlaf gleich ein…

Zwei – Warte verdammt nochmal! Ich konzentriere mich gerade…

Zwei – Na los, du alter Penner, wo warst du Mittwoch Abend um Mitternacht ? Du wirst es mir sowieso sagen, also kannst du auch gleich damit rausrücken, damit können wir viel Zeit sparen.

Eins – Ok. Ich hab den Supermarkt um die Ecke ausgeraubt.

Zwei – Oh nee, hör mit dem Schwachsinn auf !

Eins – Du hast gerade gesagt, wir könnten Zeit gewinnen. Du hast mich eben überzeugt. Du bist einfach ein guter Bulle und ja Scheisse Mann, schau mal wie spät es ist! Wir werden ja wohl keine Überstunden machen. Bei dem lächerlichen Gehalt…

Zwei – Oh leck mich, Du hast Recht, Zeit, zusammenzupacken, heute darf ich nicht zu spät nach Hause kommen. Mein Alter möchte mich heute mit einem romantischen Abendessen überraschen,

Eins – Nee…?

Zwei – Ich hoffe, dass ich nicht wieder einschlafe wie beim letzten Mal…

Eins – Und letzten Mittwoch um Mitternacht – was hast Du da wirklich gemacht? Jetzt will ich es wirklich wissen. Na komm schon, mir kannst Du es doch sagen…

Zwei – Na, ob Du’s glaubst oder nicht, ich war im Bett.

Eins – Mit Deinem Mann?

Zwei – Nee, mit Deinem, dumme Nuss.

Eins – Pfff, Du Pappnase!

6 – Justitz im Schnellverfahren

Rechtsanwältin Hören Sie, zwanzig Jahre sind doch nicht schlecht. Wissen Sie, mit einem anderen Richter und einer anderen Anwältin hätten Sie noch viel mehr bekommen können! Ein bisschen mehr jedenfalls. Und zwanzig Jahre, mit guter Führung… In zehn Jahren können sie auf Bewährung freikommen. Zehn Jahre sind doch schnell vorbei, oder? Jetzt entschuldigen Sie mich, ich muss auflegen, ich habe gerade einen Mandanten. Ja, ja, ich weiß, Sie sind wirklich unschuldig. Aber was erwarten Sie denn? Man kann nicht jedes Mal gewinnen. Ich rufe Sie zurück, ja ? Tschüssi, Tschüssi… Was für ein Korinthenkacker…

Rechtsanwältin – Nun zu uns, Herr.….. Martinez.

Mann – Sanchez…

Rechtsanwältin Na das fängt ja gut an… Setzen Sie sich Herr Sanchez, ich bitte Sie. Wenn Sie wüssten… Diese Akten sind voller Tippfehler. Von den Rechtschreibfehlern mal ganz abgesehen… Man könnte meinen alle Richter seien Analphabeten und dann wundert man sich, dass es so viele Justizirrtümer gibt, aber keine Sorge, wir holen Sie da raus, ne? Also, was wirft man Ihnen denn genau vor…? Schauen wir mal… Oh, na,…das ist ja die Dreyfus-Affäre, sagen Sie mal. Ein echter Groschenroman. Ich hab mich schon gefragt, warum meine Aktentasche so schwer ist. Was denken die sich denn! Dass ich das alles lese? Gut, fassen wir zusammen: Kurz gesagt haben Sie ihre Frau mit einer Axt in zwei Teile gespalten, stimmt’s?

Mann – Nein…

Rechtsanwältin – Bravo ! Das ist genau die Antwort, die ich von Ihnen erwartet habe. Sie sind unschuldig, das macht es einfacher. Wir plädieren unschuldig und verlieren keine Zeit mit den Details. Ich merke schon, wir werden gute Arbeit leisten, Herr Ramirez. Übrigens schlage ich diese Verteidigungsstrategie immer meinen Mandanten vor: Alles abstreiten. Auch das Offensichtliche. Zweifel in die Köpfe der Geschworenen streuen – im Zweifel für den Angeklagten! Gut, das funktioniert nicht immer, aber glauben Sie mir, das ist viel einfacher als in Details zu gehen. Mildernde Umstände, eine unglückliche Kindheit, Unzurechnungsfähigkeit… Das ist alles dermaßen kompliziert. Für ein sehr willkürliches Ergebnis, wissen Sie. Also werden wir folgendes machen: Kennen Sie das Spiel « Ja oder Nein » ?

Mann – Ja…

Rechtsanwältin – Ah, schon verloren ! Ich habe Sie schon erwischt… aber ich schlage Ihnen eine Variante vor. Sie antworten auf alle Fragen, die man Ihnen stellt, mit Nein, ok ? Niemals Ja. immer Nein. Achtung, sind Sie bereit ?

Mann – Mmmm…

Rechtsanwältin – Hatten Sie Gründe, böse auf Ihre werte Gattin zu sein…?

Mann – Nein…

Rechtsanwältin – Besitzen Sie eine Axt…?

Mann – Nein…

Rechtsanwältin – Haben Sie sich schon einmal als Frau verkleidet?

Rechtsanwältin – Entschuldigen Sie mich einen Moment… Ja…? Ah, Ja, mein Liebling! Alles klar? Ich hab einen Friseurtermin um 17 Uhr und habe noch ein Dutzend Mandanten heute. Kannst Du auf dem Nachhauseweg noch Einkaufen gehen, für unseren Umtrunk heute Abend? Ich glaube ich schaff’s nicht mehr… Oh, ich habe den Richter mit seiner Frau eingeladen, den Staatsanwalt mit seiner Geliebten… Das sind schon mal drei. Nein drei, die Geliebte vom Staatsanwalt ist die Frau des Richters. Ach weißt Du was, rechne einfach mit sechs, ok? Danke, Du bist ein Schatz. Bussi, Bussi. Ich Dich auch… Bis heute Abend…

Rechtsanwältin – Also, wo waren wir Herr Hernandez ?

Mann – Sanchez…

Rechtsanwältin – Entschuldigen Sie, Hernandez ist der Name meiner Putzfrau. Oder Fernandez, ich weiß nicht mehr. Gut, also Sie haben ihre Frau nicht getötet – Punktum, ok? Glauben Sie mir, so sparen wir uns viele Komplikationen… und wenn Sie immer mit Nein antworten, auf welche Frage auch immer, dann widersprechen Sie sich auch nie. Haben Sie mir noch etwas zu sagen, Herr Gomez ?

Mann – Ähm… Ja…

Rechtsanwältin – Ah, ich hab Sie schon wieder erwischt. Die richtige Antwort ist „Nein“. Gut, ich muss weiter, Herr Gonzalez. Die Pflicht ruft. Ich muss heute noch viele Unschuldige wie Sie retten… Sehen wir uns dann morgen beim Prozess ? Und noch einmal, machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin von Ihrer Unschuld überzeugt und werde mich dafür stark machen, diese Ansicht mit allen Jurymitgliedern zu teilen. Übrigens empfange ich den Richter heute Abend zum Essen. Ich werde versuchen, ihm ein, zwei Worte zu Ihren Gunsten zwischen Birne und Käse einzuflüstern. Bevor der Abend nicht wieder ausartet wie beim letzten Mal… Also bis bald, Herr Marquez…

Mann – Hey, Djamel, was machst du denn so lange mit der Leiter ? Wir werden ja wohl nicht den ganzen Tag brauchen, um eine Glühbirne zu wechseln ?

7 – Chrysanthème

Frau 1 : Glückwunsch, endlich mal ein schönes Grab. Das ist wirklich wunderschön.

Frau 2. Danke… Da steckt aber auch viel Arbeit drin, wissen Sie? Aber wenn man das Ergebnis sieht, vergisst man den Rest…

Frau 2 : Sicher.

Frau 2 : Und Ihre Chrysantemen kommen vom Floristen um die Ecke ?

Frau 1 : Aber wo denken Sie hin, ich züchte sie selbst. Und natürlich ohne Dünger !

Frau 2 : Bio-Chrysanthemen sind das einzig Wahre. Und… wie lange ist Ihrer jetzt schon tot, wenn ich fragen darf ?

Frau 2. Am 31. Dezember ist es genau 20 Jahre her.

Frau 2 : Am 31. Dezember ?

Frau 1 : Ja, an Silvester. Sie können sich sicher vorstellen, wie sehr mir nach Feiern zu Mute war…

Frau 2 : Hat er sich an einem Hühnerknochen verschluckt… ?

Frau 1 : Nein, er wurde von einem Auto überfahren. Der Fahrer war betrunken und hatte noch nicht einmal einen Führerschein.

Frau 2 : Solche Leute sollte man umbringen. Naja, so war er wenigstens sofort tot und hat nicht gelitten.

Frau 1 : Und Ihrer ?

Frau 2 : Es war vor genau fünf Jahren. Heute ist sein Todestag…

Frau 1 : Also ist es noch ganz frisch… Da ist plötzlich so eine Leere, nicht wahr ?

Frau 2 : Ja, Sie sagen es. Ich habe mir einen anderen geholt, aber es ist einfach nicht das Gleiche. Es gibt keinen Ersatz.

Frau 1 : Das steht fest.

Frau 2 : Und Sie, haben Sie sich einen neuen besorgt ?

Frau 1 : Nein, dazu hatte ich keine Lust. Ich wusste dass ich ihn nicht ersetzen könnte…

Frau 2 : Naja, das Leben geht trotzdem weiter. Haben Sie Kinder ?

Frau 1 : Drei. Aber auch das ist kein Ersatz, nicht wahr ?

Frau 2 : Es ist nicht das Gleiche. Vor allem wenn sie Erwachsen werden. Und aus dem Haus gehen.

Frau 1 : Wenn sie nicht frühzeitig gestorben wären, hätten sie uns nie verlassen.

Frau 2 : Wohl wahr… Was soll’s… Sie leben nun mal kürzer als wir, das wissen wir ja. Wir sollten also eigentlich darauf vorbereitet sein…

Frau 1 : Trotzdem ist es ein Schock wenn es passiert. Wie haben Sie Ihren denn eigentlich gefunden ?

Frau 2 : Im Internet.

Frau 1 : Ach so ? Zu meiner Zeit gab es das noch nicht. Ich habe ihn von meiner Nachbarin. Sie wollte ihren nicht mehr.

Frau 2 : Also Frauen gibt es… Sie holen sich einen ins Haus und dann merken sie, dass es nicht so ist, wie sie es sich vorgestellt hatten. Also geben sie ihn weg. Das ist traurig, aber naja. Zum Glück waren Sie da, um ihn aufzunehmen. Ich bin sicher, dass er sehr glücklich bei Ihnen war, solange er lebte…

Frau 1 : Haben Sie ein Foto ?

Frau 2 : Schauen Sie, es ist eines auf dem Grab.

Frau 1 : Ja richtig, das hatte ich gar nicht bemerkt. Mein Gott war der hübsch. Mit seinen großen Ohren…

Frau 2 : Und Sie hätten ihn ein paar Jahre jünger sehen sollen. Mit seinem dichten Haar. Und Ihrer ?

Frau 1 : Hier…

Frau 2 : Oh ja… so ein hübsches Kraushaar. Er sah wirklich sehr gut aus.

Frau 1 : Er war wirklich ein Schatz…

Frau 1 : So, ich glaube wir müssen gehen. Sie warten nur noch auf uns, um den Friedhof zu schließen.

Frau 2 : Sind Sie oft hier ?

Frau 1 : So oft wie möglich. Aber ich wohne sehr weit weg… Und Sie ?

Frau 2 : Ich wohne zum Glück um die Ecke. Ich kann jeden Tag kommen…

Frau 1 : Dann sehen wir uns bestimmt bald wieder.

Frau 2 : Wenn Gott es so will.

Frau 1 : Und wie ist Ihrer gestorben ?

Frau 2 : Oh, nach langer Krankheit, wie sie immer sagen, wenn sie nicht wissen, was es ist. Am Ende hat er sehr gelitten. Ich musste ihn einschläfern.

Frau 1 : Ach kommen Sie, dort wo sie jetzt sind, gibt es kein Leid mehr.

Frau 2 : Glauben Sie, dass es für sie auch ein Paradies gibt ?

Frau 1 : Natürlich… Sie haben ja auch Friedhöfe…

8 – Champagne

Frau 2 : Polizei !

Frau 1 : Kommen Sie rein, ich habe Sie schon erwartet.

Frau 1 : Sind Sie allein ?

Frau 2 : Ja, also mein Kollege hatte noch etwas zu erledigen. Wir sind momentan unterbesetzt, wissen Sie…

Frau 1 : Hoffentlich nichts Schlimmes ?

Frau 2 : Nein… Ein Dealer, der von seinem Pitbull angegriffen wurde.

Frau 1 : Ist er tot ?

Frau 2 : Wer ? Der Pitbull ? Kleiner Scherz… Aber der Köter hat ihm den Arm abgebissen. Er wollte nicht loslassen. Wir mussten ihn betäuben…

Frau 1 : Wen, den Dealer ? Kleiner Scherz…

Frau 2 : Er ist übrigens unten im Streifenwagen… Ich hoffe, der wacht so schnell nicht wieder auf…

Frau 2 : Und… Wo ist er ?

Frau 1 : Nebenan, im Zimmer.

Frau 2 : Gut, ich werde mal nachsehen, wenn Sie erlauben… ?

Frau 2 : Ja…

Frau 2 : Also, ich möchte nicht indiskret sein, aber wie haben Sie das gemacht ? Weil, wenn ich Sie mir so anschaue… Aber Sie brauchen das nicht zu beantworten.

Frau 1 : Mit einem Sägemesser.

Frau 2 : Ein Sägemesser ?

Frau 1 : Ein elektrisches Messer. Batteriebetrieben…

Frau 2 : Und Sie wollten… die Einzelteile entsorgen. Sie in einen Müllsack stecken vielleicht ?

Frau 1 : Dann hätte ich Sie ja nicht angerufen…

Frau 2 : Stimmt.

Frau 1 : Ein Glas Champagner ?

Frau 2 : Naja, wissen Sie… Och was soll’s, warum eigentlich nicht !

Frau 1 : Danke. Also dann… Auf Sie !

Frau 1 : Legen Sie mir keine Handschellen an ?

Frau 2 : Hatten Sie nur einen Ehemann ?

Frau 1 : Ja.

Frau 2 : Also werden Sie nicht gleich wieder anfangen.

Frau 2 : Der ist schön kalt… Entschuldigen Sie… aber warum eigentlich nur zwei Stücke ? Waren die Batterien alle… ?

Frau 1 : Mein Mann konnte sich nicht zwischen mir und seiner Geliebten entscheiden. Also habe ich mich für eine gerechte Teilung entschieden.

Frau 2 : Männer sind doch alle gleich.

Frau 1 : Sind Sie verheiratet ?

Frau 2 : Witwe.

Frau 1 : Das tut mir Leid…

Frau 2 : Nein, das macht nichts…

Frau 1 : Sagen Sie nicht, Sie haben auch…

Frau 2 : Wo denken Sie hin ? Ich hätte doch niemals Polizistin werden können. Heutzutage sind sie ein bisschen weniger streng bei der Einstellung aber gut, ein Eintrag im Führungszeugnis ist nie von Vorteil… Nein, mein Mann ist auf völlig dumme Weise umgekommen, durch eine Grippe…

Frau 2 : Die Schweinegrippe ?

Frau 2 : Nicht mal das ! Total dumm… Eines Tages ist er mit ein bisschen Fieber nach Hause gekommen. Da habe ich ihm einen Grog ans Bett gebracht. Am nächsten Morgen war er tot.

Frau 1 : Wenn ich einen Schnupfen habe, werde ich mich sicher nicht von Ihnen pflegen lassen…

Frau 1 : Noch ein bisschen Champagner ?

Frau 2 : Jetzt verstehen Sie, warum ich Ihnen keine Handschellen anlege…

Frau 2 : Und kannten Sie sie ?

Frau 1 : Wen ?

Frau 2 : Seine Geliebte !

Frau 1 : Nicht persönlich. Ich weiß nur, dass sie bei der Polizei arbeitet.

Frau 2 : Ist nicht wahr ! Eine Kollegin ! Oh wissen Sie, Schlampen gibt es überall, selbst bei der Polizei…

Frau 1 : Darf ich Ihnen eine Frage stellen ?

Frau 2 : Na klar…

Frau 1 : Glauben Sie an Zufälle ?

Frau 2 : Ach wissen Sie, in meinem Beruf…

Frau 1 : Glauben Sie mir, es ist kein Zufall, dass Sie hier sind.

Frau 2 : Alexandre ?

Frau 1 : Er ist mein Mann.

Frau 2 : Er hatte mir gesagt, er sei auch Witwer.

Frau 1 : Tja, jeder kann sich mal irren.

Frau 2 : Ach du Scheiße… Das macht mich jetzt echt fertig. Ich habe ihn nicht einmal erkannt ! Ich muss schon zugeben, dass Sie ihn recht hübsch zurecht gemacht haben… Also sind Sie mir bestimmt sehr böse ?

Frau 1 : Er hat Sie ja auch angelogen…

Frau 2 : Was für ein Drecksack… Und was machen wir jetzt ?

Frau 1 : Habe ich Ihnen doch gesagt, wir teilen. Wollen Sie lieber den oberen oder den unteren Teil ?

Frau 2 : Naja also…So einfach ist das nicht…Ich muss einen Bericht schreiben. Es wird schwer, das als einen Haushaltsunfall durchgehen zu lassen…

Frau 1 : Selbstmord ?

Frau 2 : Ein Typ, der mit einem Sägemesser Harakiri macht ?

Frau 1 : Dann müssen wir den Körper verschwinden lassen. Haben Sie eine Idee ?

Frau 2 : Der Pitbull ?

Frau 2 : Das sind aber ganz schön große Stücke…

Frau 2 : Das ist ja auch ein ganz schön großer Pitbull.

Frau 1 : Ich gehe Batterien kaufen…

11 – Double inconnu

Schauspielerin: Entschuldigung, ist das das Grab des unbekannten Dichters?

Soldat: Oh Nein, dieses Grab ist das Grab des unbekannten Soldaten.

Sch: Sind Sie sicher?

Sol: Ich denke schon… naja, manchmal ist es etwas schwierig, sich hier zu Recht zu finden. Da ja nirgends etwas markiert ist… Am Eingang haben sie mir einen Plan gegeben, aber gut… Warten Sie mal. W28… Ja, das ist das hier. Der unbekannte Soldat. Zwischen dem verkannten Genie und dem anonymen Alkoholiker. Der unbekannte Autor ist gleich daneben: X29…

Sol: Ich frage mich, ob es wirklich eine so gute Idee war, sie alle auf dem gleichen Friedhof zu bestatten…

Sol: Doch, das ist es… Der Geheimagent, auf X27…

Sol: War er ein Verwandter?

Sch: Der hier oder ein anderer. Woher soll man’s wissen! Ich kenne meinen Vater nicht.

Sol: Ah so… der unbekannte Vater… nein, ich verstehe hier wirklich gar nichts. Sie hätten wenigstens ein alphabetisches Verzeichnis machen können. Und dann diese Tafel am Haupteingang, mit all diesen Zahlen und Buchstaben, das ist doch ein Witz… Wie beim Schiffeversenken! A5, daneben… C10, getroffen… B12, versenkt…

Sch: Und Sie?

Sol: Der unbekannte Soldat? Das war mein Vater…

Sch: Wirklich? Und… führen Sie die Tradition fort?

Sol: Was denken Sie denn? Die Militärlaufbahn ist eine alte Tradition bei uns, die von Vater zu Sohn weitergegeben wird. Übrigens habe ich bereits meinen Platz in der Familiengruft.

Sch: Ach was, hier gibt es auch Familiengruften?

Sol: Wussten Sie das nicht? Doch, doch, natürlich! Meine ganze Familie ist dort begraben. Ein ganzer Stammbaum sehr diskreter Militärs. Also sind Sie auf der Suche nach Ihrem Vater?

Sch: Ja.

Sol: Und was würden Sie ihn fragen, wenn Sie ihn eines Tages treffen könnten? Hier oder in einer anderen Welt?

Sch: Ich würde ihn nach seinem Ausweis fragen.

Sol: Ja…

Sch: Und Sie?

Sol: Ich würde ihn filzen. Um sicherzugehen, dass er keine Waffen bei sich hat…

Sch: Wissen Sie, es ist nicht immer einfach wenn man nicht weiß, woher man kommt.

Sol: Genau das sage ich meinen Männern in der Kaserne immer: wenn man nicht weiß, woher man kommt, kann man auch nicht wissen, wohin man geht. Im Krieg braucht man einen Plan. Und man muss ihn lesen können. Warum, glauben Sie, hat man sich jahrhundertelang geweigert, Frauen in die Armee zu lassen? Weil sie außer Stande sind, einen Plan zu lesen! Wo sie doch schon Probleme damit haben, eine Straßenkarte zu lesen oder gar eine Einkaufsliste, also stellen Sie sich nur mal einen Schlachtplan vor…

Sch: Mmm…

Sol: Und Sie? Was machen Sie?

Sch: Ich spiele Theater.

Sol: Ach ja… Theater.

Sch: Ich bin Schauspielerin.

Sol: Und… sind Sie eine bekannte Schauspielerin?

Sch: Nein.

Sol: Gut. Also dann… Es hat mich sehr gefreut, nicht Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben…

Sch: Ich sage Ihnen nicht auf Wiedersehen.

Sol: Ich auch nicht.

12 – Totgelacht

Komissarin : Seit wann ist er tot?

Jurist: Er ist noch warm. Ich würde sagen, seit zwei oder drei Stunden.

K: Eine Putzfrau hat ihn auf einem Stuhl gefunden.

J: Mmm…

K: Wissen Sie, woran er gestorben ist?

L: Die Autopsie wird es zeigen, aber ich glaube jetzt schon zu wissen, dass der Mann sich totgelacht hat.

K: Das ist ja wirklich ungewöhnlich.

L: Es war ein sehr starker Lachanfall. Aus dem Hals heraus. Der Jochbeinmuskel hat versagt. Ich mal Ihnen das jetzt nicht auf, oder?

K: Wissen Sie, was diesen fatalen Lachanfall ausgelöst haben könnte?

L: Sie haben doch gesagt, man hätte ihn in seinem Sessel gefunden. War es bei ihm zu Hause vor dem Fernseher?

K: Nein.

L: Im Kino?

K: Im Theater.

L: Das ist noch ungewöhnlicher. Wenn ein Zuschauer während der Vorstellung zusammengesunken in seinem Sessel sitzt schläft er meistens…

K: Sind Sie sicher, dass dieser Mann nicht einfach nur sehr tief schläft?

L: Ich soll ein Koma mit einem klinischen Tod verwechselt haben? Also wirklich, Frau Komissarin, Sie halten mich wohl für eine Anfängerin? Sagen Sie mir mal lieber, was für ein Theaterstück das Opfer gesehen hat…

K: Die Untersuchung läuft. Meine Männer befragen gerade den Theaterdirektor und durchsuchen Pariscope, um seine Aussagen zu bestätigen… Aber wir fahnden bereits nach dem Autor des Stücks. Wegen Totschlags.

L: Wegen Totschlags? Totschlags?

K: Laut dem Theaterdirektor hat der Autor geglaubt, eine Tragödie geschrieben zu haben… Zumindest wird er das behaupten. Aber wissen Sie, ich bin auch keine Anfängerin. Ich weiß sehr wohl, wie ich einen Verdächtigen zum Reden bringe…

L: Sie haben Recht, Komissarin. Man kann solche Individuen nicht frei herumlaufen lassen. Wenn man nicht mal mehr ins Theater gehen kann, ohne befürchten zu müssen, dort vor Lachen zu sterben…

K: Man könnte meinen, er zuckt noch ein wenig. Sind Sie wirklich sicher, dass er tot ist?

L: Das sind die Nerven. Glauben Sie mir, Komissarin, dieser Mann ist so tot wie man es nur sein kann.

K: Glauben Sie, dass er sich hat sterben sehen?

L: Warum? Glauben Sie, dass seine Aussage ihre Untersuchung hätte voranbringen können?

L: Das war ein Witz… Wissen Sie, bei dem, was man in meinem Beruf so alles sieht… da sollte man lieber ein bisschen relativieren… Letzte Woche habe ich einen Typen seziert, der an Langeweile gestorben ist …

K: Auch im Theater? Vielleicht haben wir es mit einem Serienmörder zu tun, der jedes Mal anders vorgeht, um die Spuren zu verwischen…

L: Stimmt schon, heute stirbt man im Theater eher vor Langeweile als vor Lachen. Aber nein, es war schlicht und ergreifend während eines Abendessens bei seiner Schwiegermutter…

K: Ich verstehe… Glauben Sie, dass uns die Autopsie noch andere interessante Erkenntnisse liefern wird?

L: Die Untersuchung des Magens hat gezeigt, dass das Opfer vor dieser… Tragödie in einem chinesischen Restaurant gegessen hat. Genauer gesagt Frühlingsrollen.

K: Frühlingsrollen?

L: Ich bin mir in diesem Punkt absolut sicher. Und im Anschluss ein Ingwerhühnchen mit Reis.

K: Kein Dessert?

L: Nein. Aber wissen Sie, dass ist wirklich nicht verwunderlich. Desserts in chinesischen Restaurants…

K: Denken Sie, dass dies irgendeinen Zusammenhang mit seinem Tod haben könnte?

L: Nicht den Geringsten.

K: Na gut…

K: Totgelacht… Und das soll ich seiner Familie beibringen…

L: Ich verstehe Sie. Sie haben auch keinen leichten Beruf. Kommen Sie doch mal zu uns zum Abendessen. Manchmal muss man auch ein wenig entspannen…

K: Sehr gut… ich frage mal meinen Mann. Ich versichere Ihnen, es sieht wirklich so aus, als würde er noch lachen…

L: Das sind die Nerven!

13 – Draußen

Sie : Es tut so gut, seine Ruhe zu haben.

Er : Ja

Sie : Draußen ist es immer so hektisch.

Er : Ja

Sie : Zu Hause ist es am Schönsten.

Er : Ja

Sie : Ich erinnere mich gar nicht mehr, wann das letzte Mal war…

Er : Was ?

Sie : Das letzte Mal, als ich draußen war !

Er : Ach so, draußen…

Sie : Und du ?

Er : Ich ?

Sie : Wann war es ?

Er : Das letzte Mal, als du draußen warst ?

Sie : Das letzte Mal, als du draußen warst !

Er : Ach, so, ich ! Draußen… Ich weiß nicht. Das müsste gewesen sein… Um den Hund auszuführen…

Sie : Den Hund ? Der ist tot.

Er : Nein?

Sie : Schon seit Jahren.

Er : Ach so, ich dachte auch schon… Der Hund pinkelt nicht oft…

Sie : Also ?

Er : Also was ?

Sie : Wann warst du das letzte Mal draußen ? Erinnerst du dich ?

Er : Ach so ich ! Draußen… Ich weiß nicht. Das müsste gewesen sein… Um den Müll raus zu bringen.

Sie : Den Müll ?

Er : Warum nicht den Müll ?

Sie : Wir haben einen Abfallschacht.

Er : Ach ja. Ich dachte auch schon… Dieser Mülleimer füllt sich nicht sehr schnell. Und der Hund, wo ist er begraben ?

Sie : Im Garten.

Er : Dann musste ich doch nach draußen gehen, um den Hund zu begraben. Der Garten ist doch draußen, oder ?

Sie : Naja, nein…

Er : Ah…

Sie : Weißt du was ?

Er : Was ?

Sie : Das wird dir vielleicht komisch vorkommen, aber… Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt schon einmal draußen gewesen bin. Der Hund pinkelte auf den Rasen. Bevor wir ihn darunter begruben…

Er : Mmmm… Ich auch nicht. Auf jeden Fall erinnere ich mich nicht. Ich würde mich doch daran erinnern, oder ?

Sie : Wahrscheinlich.

Er : Andererseits, was sollten wir draußen schon machen ?

Sie : Es ist so schön ruhig hier.

Sie : Was war das ?

Er : Die Klingel…

Sie : Was könnte das bloß sein ?

Er : Ich sehe mal nach…

Sie : Und ?

Er : Es war der Briefträger.

Sie : Ah, was hat er gesagt ?

Er : Nichts. Er war schon verschwunden. Aber er hat einen Brief dagelassen.

Sie : Das machen Briefträger oft. Ich mag Briefe nicht. Ich habe immer Angst, dass es eine schlechte Nachricht ist. Ist es eine schlechte Nachricht ?

Er : Es ist eine Anzeige.

Sie : Worüber ?

Er : Eine Todesanzeige.

Sie : Ah… Wer denn ?

Er : Herr und Frau Dumortier.

Sie : Gleich beide ?

Er : Offensichtlich.

Sie : Kennen wir sie ?

Er : Der Name kommt mir bekannt vor.

Er : Du wirst lachen, aber Herr Dumortier, das bin ich.

Sie : Also bin ich Frau Dumortier ?

Er : Wahrscheinlich.

Sie : Wir sind verheiratet ?

Sie : Auf jeden Fall sind wir tot.

Er : Wir sollten ihnen vielleicht schreiben und ihnen sagen, dass es ein Missverständnis ist.

 

Sie : Aber dafür müssten wir nach draußen gehen.

Er : Mmmm… ich weiß nicht, ob ich den Mut dazu hätte.

Sie : Es ist so schön zu Hause.

Er : Glaubst du, dass es ein Fehler ist… ?

14 – Tunnel

Eins : Also das war’s jetzt wohl, das Ende ist da.

Zwei : Könnte man meinen…

Eins : Glaubst du es gibt ein Leben danach ?

Zwei : Das werden wir gleich wissen…

Eins : Ehrlich gesagt glaube ich nicht daran.

Zwei : Werden wir sehen…

Eins : Es ging uns doch recht gut hier. Es war nicht das Paradies… Aber die Hölle war es auch nicht.

Zwei : Wie sagt man doch so schön : Manvermisstetwaserst, wennesnichtmehrdaist.

Eins : Ich glaube, jetzt sehe ich etwas.

Zwei : Ich auch…

Eins : Es sieht aus wie ein Tunnel.

Zwei : Mit einem grellen Licht am anderen Ende.

Eins : Bis jetzt ähnelt es sehr dem, was man uns erzählt hat…

Zwei : Ich weiß nicht, ob das ein gutes Zeichen ist.

Eins : Das ist ganz schön eng. Da passen wir nicht zu zweit durch…

Zwei : Geh du zuerst, ich gebe dir Rückendeckung.

Eins : Mutig, aber nicht tollkühn…

Zwei : Wir können ohnehin nicht hier bleiben, von daher…

Eins : Ja, ich glaube wir werden gleich ausgestoßen…

Zwei : Ok, ich gehe…

Eins : Erzählst du mir, wie es ist ?

Zwei : Mist, ich bin eingeklemmt… Ah jetzt, ich sehe den Ausgang !

Eins : Und ?

Zwei : Das glaubst du mir nie…

Eins : Was ?

Zwei : Hier sieht es aus wie in einem Krankenhaus…

Eins : Sind wir doch nicht tot ?

Zwei : Schlimmer…

Eins : Wie das, schlimmer ?

Zwei : Das ist nicht wirklich ein Krankenhaus…

Eins : Was ist es dann ?

Zwei : Da ist so ein Idiot, der mich blöd angrinst und zuschaut, wie ich rauskomme… Oh Scheiße, ich bin auf einer Entbindungsstation !

Eins : Oh nein… Es geht doch jetzt nicht wieder von vorne los…

Zwei : Ich glaube, ich muss heulen…

 

Paris – Novembre 2011

© La Comédi@thèque – ISBN 979-10-90908-35-2